Tucan versus Japanerin


Ort: Santa Cruz, Bolivien
Zeit: 22.10.2007
Aktivitaet: Fauler Morgen im Backpacker Hostel


Backpacker brauchen ab und zu einen faulen Tag. So heute. Die Welt mittels Lonely Planet (die Reisefuehrerbibel fuer die Rucksackreisenden) und Rucksack zu erobern ist auf dauer anstrengend. Aktivities und Seightseeing haben Spuren der Muedigkeit hinterlassen und ich goenne mir einen relaxten Tag. Ausschalfen bis neuen, das ist spaet. Das Hostal ist eine Insel der Traveller aus dem Norden, vor allem dem reichen Europa, inmitten einer fremden exotischen Welt. Hier koennen alle Englisch und somit auch miteinander Reden. Man trifft sich beim Fruehstueck. Es gibt ein Buffet mit Brot, Kaffee und vor allem exotischen Fruechten. Da diese nicht gruen gerntet und ueber den Atlantik geschippert wurden schmecken sie traumhaft.

Nicht zu vergleichen mit zu Hause. Allein das ist ein Grund nach Suedamerkia zu reisen. Ich nehme neben einer jungen unbekannten Dame Platz. Keine Ahnung wo sie her ist. Jedenfalls spricht sie perfektes Englisch und es gibt somit keinen Grund fuer weitere Diskussion. Wir halten etwas Small Talk und sind uns einig, dass Sucre die wohl lebenswerteste Stadt Boliviens ist. Sie faehrt morgen dorthin um dort fuer einige Monate zu leben. Sie steht auf um ins Bad zu gehen. Daneben hat mitlerweile ein Latino Typ Platz genommen. Wir unterhalten uns auf Spanisch uebers Wetter. Ich erzaehle vom Reisen, Trekken, Bergsteigen und meinem Patenkind. Meine spanische Konverstation ist nicht so schlecht, vorrausgesetzt die Leute sind es gewohnt mit Fremden zu reden und es ist ein bequemer Themenbereich. Er ist Peruaner, Kunsthandwerker und verbindet das Reisen mit der Arbeit. Auch er wandert gerne, ist aber nicht so tief drin. Ab und zu gelingen mir sogar kleine Wortwitze in Spanisch, wir lachen und gehen beide unserer Wege.

Es ist heiss hier. Ich nehme meine morgentliche Entspannungsdusche und kratze mir das Barthaar aus dem Gesicht. Fuer die Sitzung auf dem Klo nehme ich mir ordentlich Zeit, ein Luxus wenn man on the move ist. Das Hostel ist von aussen nur maessig ansprechend. Innen strahlt es mittels zwei gruenen Oasen von Innenhoefen argen Wohlfuehlcharm aus. Alles ist gruen und gepflegt. Reichlich Sitzecken und zwei Haengematten sind im Innenbereich verteilt. Ich lasse mich in eine der beiden Haengematten nieder und entspanne mittels des mitgebrachten MP3-Players. Leider ist der linke Kopfhoerer kaputt, die Reise fordert ihren Tribut. Neben mir nimmt eine Japanerin im Innenhof platzt. Sie hat in Tueten eingepacktes Essen dabei und legt es auf den Tisch. Prompt kommt der eine der beiden ewig hungrigen Tucane vorbei. Die werden im Hostal zur allgemeinen Belustigung als Haustiere gehalten. Es scheucht mit seiner Aufdringlichkeit die Japanerin von einem Stuhl zum anderen. Sie weiss sich nicht zu helfen und geht erst mal zum Buffet. Tuci, wie sie ihn rufen, freut sich ueber den uneingeschraenken Zugang zum neuen Spielzeug: Essen in Plastiktueten verpackt. Ist wohl ein bischen wie das bekannte Spiel “Schokolade auspacken”. Er hat sichtlich Freude, auch bei ausbleibenden Erfolg. Die Japanerin kommt zurueck, kapituliert entgueltig vor Tuci um sich an einen anderen Tisch zu verziehen. Tuci huepft auf Tisch und Stuehlen umher, stolz seines terriotalen Erfolges wegen. Allerdings realisert er schnell, dass auch sein neues Spielzeug und potentielles Essen somit verschwunden ist. Veraergert zieht er sich in die Buesche, Baeume und Palmen zurueck (was man so ungefaehr im Tropenhaus der Wilhelma bewundern kann).

Das ist das schoene beim Reisen, irgendetwas passiert immer. Man muss nur die Augen aufmachen. Ich mache meine Tuete mit Waesche fertig um die harte Welt draussen zu betreten. Einen halben Block weiter ist eine Waescherei. Ein Euro pro Kilo, drei sinds. Morgen um 17:00 Uhr ist fertig. Danach ab ins Internet Caffee, Mails checken. Die sind inzwischen gut gemischt, zur Haelfte gefuellt mit Loacals und Gringos (wie man die Touris aus dem Norden hier ruft). Die Leute zocken, mailen, chatten, skypen und telefonieren uebers Internet. Am anderen Ende der Welt, jedoch stehts am Puls der Zeit und mit allen verbunden. Ich bin fertig und mir geht das gebrabbel aus Platt und Englisch im Hintergrund, von den Gringos ins Mirkro der Headsets gebruellt, auf den Geist. Frueher wars schoener, als die Leute sich aufs Tippen beschraenkten. Raus, mal schauen was der Tag noch so bringt. Vielleicht etwas Plaza-TV. Auf dem zentralen Platz der Stadt ist immer was los. Man muss sich nur hin setzen und die Augen ausfmachen. Locals haengen hier out, es gibt immer was zu kucken. Vielleicht noch ein bischen shoppen, wer weiss…..