Dhaulagiri Circuit - Teil 1 - 6

Dhaulagiri Circuit - Teil 1

Tag 6 Trekking von Bagar nach Dobham // Sa. 22.10.2011
Starthöhe: 1880m | Aufstieg: 1060m | Abstieg: 460m | hoechster Punkt: 2520m | Camping: 2520m

 

Unser Freiluftfrühstück wird beobachtet. Ein kleines einheimisches Mädchen hat sich in Decken gehüllt und wohnt unserem morgendlichen Treiben bei. Sehnsucht liegt in ihrem Blick und ein bisschen Traurigkeit, ein bisschen Neugier und ein bisschen Lethargie. Befremdlich müssen wir wirken, Ausländer die umsorgt werden wie Fürsten. Unsere Sachen werden uns getragen und wir werden bekocht wie Könige. Von unserer Welt kennt sie nur dieses kleine Fenster. Internet und Fernsehen gibt es hier nicht. Ob sie wohl schon einmal in der nächsten Provinzstadt war? Immerhin ist diese schon drei Tagesmärsche entfernt. Sofort mag ich sie dafür, so zu sein. Ob sie davon träumt hier weg zu gehen? Weg aus der perfekten Idylle eines Dorfes? Weg aus dem einfachen Leben ohne Komfort? Im innersten Wünsche ich mir, dass die Welt auch zukünftig so sein wird, dass sie hier ihr Auskommen und Glück findet, dass sie eine vernünftige medizinische Versorgung und eine gute Bildung erfährt.

Tatsächlich beschweren wir uns heute über das Frühstück. Nicht wegen der Qualität, diese ständigen Unmengen kann jedoch kein Mensch essen. Gut schmecken tut es ja allemal. Man lässt uns heute frische Kuhmilch probieren. Lecker und ich werde die nächsten Tage auch nicht dafür bestraft. Das Frühstück verzehren wir auf dem Boden sitzend. Dankbar. Dankbar deswegen, weil keiner für uns Stühle und einen Tisch schleppen muss. Sonst ein durchaus üblicher Service.

Wir lernen heute die liebe Elke und den Paul kennen. Sie sind ebenfalls als Zweiergruppe mit Gefolgschaft unterwegs. Sowohl wir Trekker als auch unsere Leute verstehen sich auf Anhieb prima. Zwischen den Gruppen herrschte ein freundliches Verhältnis, gegenseitig wird ausgeholfen.

Im allgemeinen sind wir nun eher gemütlich unterwegs. Unser Guide bremst heute ein wenig, nicht dass wir wieder vor den Portern ankommen. Matthias wird unsere Unternehmung heute Abend völlig zu recht als Wettrasten bezeichnen. Wir selbst tun unser übriges zum langsamen Tempo. Die Speicherkarten unserer Kameras wollen gefüllt werden und unsere Miniexpedition hat keine Probleme mit unzähligen Photostopps.

Das eng eingeschnittene Tal ist von einem Urwald bewachsen. Lianen hängen von den Riesen, Moos und Flechten wohnen auf ihnen. In einem Garten wuchern Physalis, überall sonst macht sich Bambus breit. Ein Material das auch als Trekkingstock taugt, unser Führer schlägt sich einen eineinhalb Meter langen Stab aus einem Dickicht und wird ihn für die nächsten zwei Tage benutzen. Die Berge bekommen wir heute fast gar nicht zu sehen, so tief ist der Canyon eingeschnitten. Dafür staunen wir über die vielen, in endlos erscheinenden Kaskaden zu Tal stürzenden Wasserfälle. Sie scheinen sich gegenseitig in Spektakularität überbieten zu wollen.

Nicht ganz bestimmungsgemäß wird unser Expeditionseispickel heute zum graben des Toilettenloches verwendet. Wenigstens findet er so eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit, für seinen eigentlichen Zweck werden wir ihn die ganze Tour nicht benötigen. Als das zugehörige Zelt darüber steht, darf ich es heute einweihen. Ein eigenartiges Gefühl. Es ist einiges los hier in unserem heutigen Lager in Dobham. Andere Trekkinggruppen haben ihre Zelte aufgeschlagen und eine Eselkarawane macht Rast hier.

Die nachmittäglichen Wolken haben sich mitsamt ihren Schauern zum Abend hin verzogen. Der Himmel ist nun sternenklar und die Nacht somit kalt. Nach dem üblichen drei Gänge Abendessen, heute bestehend aus Knoblauchsuppe, Nudeln serviert mit Tomatensoße und Käse mit frittiertem Gemüße anbei und gefolgt von einem Pudding als Nachtisch verfallen wir umgehend in ein Fresskoma. Eine Weile noch beobachten wir eine Raupe. Stupide und ausdauernd umkreist sie eine auf einem Stein aufgestellte Kerze die uns Licht im Zelt spendet. Was die Natur alles so treibt. Auch die Tatsache, dass heute Samstag Abend ist, hindert uns nicht daran uns um halb Neun in den Schlafsack zu verkriechen. Viel Schlaf ist nötig um die Unmengen geschmacklicher und optischer Delikatessen zu verdauen.