Illampu Trekking - Tag 6 & Infos

Illampu Trekking

 

Tag 6 | Estancia Lackathiya - Quilambaya

Tatsächlich ist der Führer der Schweizerinnen am nächsten Morgen schon wieder da als ich um Sieben aus dem Zelt krieche. Es ist noch frisch und sowohl Jose als auch die Mädels lassen sich Zeit um aus den Zelten zu kommen. Schließlich kommt die Sonne aber heute mit voller Kraft heraus. Kurz mache ich mir noch etwas Sorgen um den Hormonhaushalt des vermeintlich hinterwäldlerischen Führers als sich zwei fraglos sehr formschöne Gringakörper im Tanktop sonnen. Für die konservativen bolivianischen Verhältnisse schon recht viel Haut von vermeintlich exotischen Schönheiten.


Wir unterbrechen unser Frühstück um die drei schließlich zu verabschieden. Sie haben den selben Weg unseres ersten Tages vor sich. Wir hingegen haben überhaupt keine Eile. Das Tagesprogramm beläuft sich auf wenige hundert Meter Abstieg. Diese bummeln wir zunächst einer bequemen Carritera entlang. Die autotaugliche Schotterpiste bietet Traumaussichten auf das komplette Illampu und Ancohuma Massiv. Immer wieder bleiben wir stehen und ich fotografiere. Auch an ausgedehnten Pausen mangelt es nicht. An einem Aussichtspunkt besprechen wir die Route zum Ancohuma. Später weichen wir von der Strasse auf kleine Pfade ab um nach einer Stunde Quilambaya zu erreichen. Jose lädt mich nochmals zum Abendessen zu Hause ein, ich werde da gar nicht gefragt. Jose sagt es ist Kaninchen, das glaube ich auch zu gerne. An den Gedanken Artgenossen der unter mir quietschenden Meerschweinchen zu essen könnte ich mich nur schwer gewöhnen. Irgendwie fragt er aber dann doch, ob es in Deutschland auch Meerschweinchen geben würde. Ich ernte ein verständnisloses Kopfschütteln als ich ihm sage, dass es schon welche gäbe, wir sie aber nicht essen würden.


Einmal noch darf im Mini Tante Emma Laden übernachten bevor mich Jose am nächsten Tag nach Sorata fährt und ich zwei Ruhetage in der Zivilisation verbringen darf. Zurück in der Zivilisation weiß ich gar nicht so recht, ob ich mich trotz aller Annehmlichkeiten wohler fühlen soll, irgendwie komme ich mir komisch, ein wenig verloren vor....


[lt. Hoehenmesser: Aufstieg: 240hm, Abstieg: 820hm, hoechster Punkt: 4000m, Lager: ---]


Bildergallerie (Bei Großansicht Blättern mit Pfeitasten):



 


 


 

Ergaenzende Infos zum Bericht:


a) Allgemein:
Zum Auftakt dieser Bolivien Reise stand ein laengers Trekking auf grosser Hoehe auf dem Plan. Dazu hatte ich mir eigentlich den Illampu Circuit, also die Umrundung des Ancohuma/Illampu Massives herausgesucht. Der Trek startet von Sorata aus und fuehrt dahin zurueck. Sorata ist wiederum der Stuetzpunkt fuer die meisten Touren im Norden der Cordillera Real, dem bergsteigerisch bedeutensten Gibirgszuges Boliviens, und liegt somit optimal fuer eine weitere geplante Unternehmung. Der Trek fuehrt ueber grosse Hoehen und die Zeltplaetze liegen meist zwischen 4000m und 4500m, Paesse auf dem Trek reichen bis um die 5000m Marke. Somit ist der Trek eine hervorragende Aklimatisierung fuer hoehere Aktivitaeten. Leider hat es mit dem Rundtrek nicht ganz geklappt, Details sind dem Bericht oben ja zu entnehmen.


Ich habe mich hier zum ersten Mal fuer eine gefuehrte Tour mit Tragetieren entschieden. Im Grunde waere die Tour auch ohne Fuehrer machbar. Spezielle Gruende fuer die Komfortvariante waren bei mir noch komplett fehlende Akklimatisierung und die Tatsache, dass ich den Trek als Kombi mit einer anschliesenden Bergbesteigung vereinbart hatte. Somit konnte ich vorab meinen Bergfuehrer ausgiebig kennenlernen und musste nicht viel Kraft auf einer einigermassen harten Akklimatisierungstour lassen. Daneben spechen teilweise schwierige Orientierung und fragliche Sicherhat als generelle Gruende fuer eine gefuehrte Tour. Normalerweise ist die Orientierung in den weiten Hochgebirgstaelern um die Bergriesen herum nicht allzuschwierig. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es keinerlei Wegmarkierungen gibt, also keine Wegweiser und mit dem rot/weissen Farbeimer ist auch noch keiner durchgelaufen. Dazu kommt, dass die Einheimischen kein Englisch, vielleicht Spanisch oder doch nur Aymara sprechen. Bei Nebel wird dann die Auswahl zwischen oft unzaehligen Trampelpfaden ohne Fuehrer schnell zum Lotteriespiel und man kann sich dann mal leicht fuer einen ganzen Tag verlaufen.


Leider ist die Sicherheit auf Abschnitten des Treks auch nach wie vor nicht gegeben. Immer wieder kommt es zu raueberischen Erpressungen auf Abschnitten des Treks. Ein Guide verhilft an dieser Stelle zu mehr Sicherheit, da er die Gefahren besser kennt und angemessen reagieren kann. Auch ist die Hemmschwelle fuer die Gewaltausuebung bei Einheimischen hoeher. Vorsicht ist allerdings bei Buchung des Guides geboten, es ist auch schon von Faellen der Kooperation berichtet worden, daher auf serioese Vermittlung achten. An der Stelle moechte ich aber auch an das eigene Verhalten appellieren. Wer eine gute Trekkingausruestung bei sich hat traegt schnell Ausruestung mit sich rum, welche mehr wert ist als mehrere Jahreseinkommen einer Campesinofamilie. Diesen Kontrast sollte man sich durchaus bewusst machen und soweit moeglich im eigenen Verhalten beruecksichtigen.

b) Literatur/Karte:
Karte: Alpenvereinskarte Cordillera Real, Nord (Illampu), ein Teil des Circuits fehlt auf der Karte, Ortsangaben beziehen sich auf diese Karte und moegen mit anderen Karten nicht uebereinstimmen
Fuehrer: Trekking in the Central Andes, Lonely Planet (wohl nur noch als Download erhaeltlich)
Im Rother Wanderfuehrer Bolivien zumindest nicht unter diesem Namen drin.

c) Planung/Vermittlung:
Robert Rauch (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Buch, bolivia-tour.com/, extremrauch.com ), langjaehrig in Bolivien lebender deutscher Ausnahmebergsteiger und Mountain Guide

 

Es ist 5:30 Uhr als mich Robert Rauch von meinem Hostal abholt. Robert ist ein seit langen Jahren in Bolivien lebender deutscher Ausnahmebergsteiger und Mountain Guide. Zwar fliegt er am Sonntag wieder nach Deutschland, doch hat seine alten Verbindungen bemüht und mir am Vortag in stundenschnelle eine Tour vermittelt. Er lässt es sich nicht nehmen mich persönlich von La Paz nach Sorata im privat PKW zu fahren. Früher war die Reise zu Roberts langjährigen Wohnsitz eine Tagesreise. Dank dem neu geteertem Highway und der Stauvermeidung durch die frühmorgendliche Fahrt dauert unsere Fahrt gerade mal drei Stunden. Vom Altiplano, der Hochebene Boliviens, aus haben wir rechts von uns stets die begrenzende Gebirgskette der Cordillera Real im Blick. Gletschergekrönte Fünf- und Sechstausender reihen sich auf und senden ihr leuchtendes Weis im ersten Morgenlicht.
Im Residential treffen wir uns mit José, meinem Guide für die nächsten zwei Wochen. Wir machen erste Absprachen bevor wir zunächst in einem Tante Emma Laden und dann auf dem Markt die Vorräte für das Trekking einkaufen. Überall trifft Robert alte Bekannte und hält einen Plausch über interessante Gegebenheiten. Mit diesen Geschichten allein könnte man Bücher füllen. Am Nachmittag haben wir noch etwas Zeit um uns den Stierkampf anzusehen. Ein unblutiges Spektakel das eine dreitägige Fiesta beendet. Einmal wird es richtig heiß, als ein Stier die primitiv gebastelten Umzäunung durchbricht und durch das Publikum rennt. Es ist aber niemand ernsthaft verletzt worden.
José lädt uns zum Abendessen zu sich nach Hause ein. "Für mich brauchts das nicht" antworte ich auf die Frage ob er Meerschweinchen schlachten soll. Noch einmal begeben wir uns ins Auto um die neu gebaute Carritera von Sorata nach Quilambaya hochzufahren. Es ist eine windig den steilen Sedimenthängen abgetrotzte Schotterpiste mit engen Serpentinen. Mehr als die ersten beiden Gänge braucht man da nicht.
Oft habe ich solche Siedlungen im vorbeigehen schon gesehen, nun betrete ich zum ersten mal die typischen Siedlungshäuser. Es sind einfach gebaute Lehmhütten mit Wellblechdächern. José führt uns in die Küche, ein extra Gebäude von vielleicht 1,5x3m Grundriss und kaum hoch genug für Europäer zum drin stehen. Die Ausstattung ist einfach: Ein Lehmofen auf dem Boden dessen Rauch durch den Raum abzieht, ein Regal, eine Pritsche und eine handvoll niedrige Hocker. Strom gibt es hier noch nicht, eine einsame Öllampe an der Wand spendet spärliches Licht. Josés Frau und ihre sechs Kinder leisten uns Gesellschaft, verstärkt durch ca. 20 in der Küche lebende und umherquiekende Meerschweinchen. José entschuldigt sich für die einfachen Verhältnisse und schämt sich offensichtlich als wir Bilder machen. Dies sind die durchschnittlichen Lebensverhältnisse einer bolivianischen Familie, die meisten Touris bekommen das nie zu sehen. Im Umkehrschluss schäme ich mich für den verglichenen Endlosschnickschnack den ich für die Reise mitgebracht habe. Nach dem leckeren Abendessen werden Robert und ich zu unserem Nachtquartier geführt: einem mini Tante Emma Laden unterhalb des Hauses. Zwischen Eiern, Limonade und Dosentomaten machen es uns mittels Isomatten und Schlafsäcken bequem.

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