Dhaulagiri Circuit - Teil 2 - 15

Dhaulagiri Circuit - Teil 2

Tag 15 Trekking von Marpha nach Jomsom // Mo. 31.10.2011
Starthöhe: 2700m | Aufstieg: 200m | Abstieg: 70m | höchster Punkt: 2800m | Hotel: 2800m

 

So ähnlich mag sich ein junger Vogel bei den ersten Flugversuchen fühlen. Wir haben uns aus dem heimischen Nest in ein Trekkingabenteur katapultiert, haben wilde Urwaldtäler durchstreift um dann über hohe Pässe zu fliegen. Nun sind wir wieder gelandet, auf dem Boden der Tatsachen, in der sicheren Zivilisation. Alle Gefahr ist gebannt, doch ob wir darüber froh sind?

„Übertreibe es nicht!“, winkt mir Matthias mit dem Zaunpfahl. Ich entdecke mich als eine klischeegetreue touristische Fotomaschine, als ob ich neben mir stünde. Wild knipsend laufe ich überall in Marphas Buddist Monastry herum. Ich benehme mich in einer Art, die ich normalerweise zu tiefst verabscheue. Die erste Leere nach der überstanden Tour wurde offensichtlich durch eine überschwängliche Euphorie aufgefüllt. Es dauert einen Moment, dann kann ich meine Wahrnehmung wieder gewohnt schärfen. Schalte von Ablichten auf Begreifen und auf Erfühlen.

Die Wände an den Seiten des Hauptraumes des Klosters sind aufwändig bemalt, eine Buddhastatue ziert den Altar auf der Stirnseite. Neben schönen Kunstgegenständen ist hier auch einiges an Plastikkitsch angekommen, also leider nicht mehr alles stilecht. Unzählige bunt verzierte Schubladen beherbergen eine wertvolle Unmenge an Gebetstexten, die Mantras. Bunt bestickte Stoffe in schillernden Farben lassen einen endgültig einen Farbenflash erleben. Mönche leben hier ein einfaches Leben, umgeben von unzähligen Gebetsmühlen und bunt bemalten Holzschnitzereien. Ihre Zeit gilt der Meditation, dem Erlernen von Geduld und dem Erlernen von Bescheidenheit. Eine sehr sinnvolle Übung. Vor allem auch uns Westlern sollte man das als Zwangsprogramm auferlegen. Freilich geht das aber nur mit innerer Antriebskraft, viel Willen und viel Disziplin.

Wir kehren in das Transhimalaya zurück um unsere Sachen zu packen. Unser Weiterweg nach Jomson führt über die trockene und staubige Autopiste. Müde drein blickende Annapurna Umrunder begegnen uns. Auf der Straße zu laufen macht keinen Spaß, uns nicht und offensichtlich auch ihnen nicht. Es ist eine andere Trekkingwelt: ein bequemes Lodgetrekking, das sieht man den Leuten an. Mit dem Runterkommen von unserem Abenteuer überfällt mich nun endgültig eine Art postorgasmische Traurigkeit. Es ist eine generelle Absurdität des Bergsteigens, der Sucht nach Adrenalin und Risiko. Ist man auf dem Berg, so hat man das Ziel die Tour hinter sich zu bringen und wieder Nestwärme zu erfühlen. Zurück in der Zivilisation will man dann aber am liebsten gleich wieder weg, so kann man vor ihr erschrecken.

In Jomson erschrecken wir dann wirklich. Ein finaler Kulturschock überfällt uns. Supertrekker laufen wie Cowboys mit Hightechwaffen durch die Gegend. Statt Colts und Gewehre haben sie Superkameras und Turbo-GPS-Systeme in ihren Halftern. WiFi Schilder locken die Onliner in Cabercafes um ihre Blogs zu füttern und den Zustand der Blasen an ihren Füßen in die Welt hinaus zu twittern. Gleichzeitig erledigt der Laundry Service die Stinkewäsche. Abenteuer light, sozusagen.

Als wir am frühen Nachmittag in das Hotel zurückkehren ist unter unserem nepalesischem Begleitpersonal eine wüste Party im gange. Uns hingegen serviert man zunächst noch ein festliches Abschiedsessen, schön aber surreal. Als wir uns anschließend, nicht ohne das obligatorische Trinkgeldpäckchen, von unseren Freunden verabschieden, so hat die Mehrzahl von ihnen schon Mühe noch aufrecht zu stehen. Wir freuen uns mit Ihnen, die Jungs haben hart gearbeitet und sich das Feiern redlich verdient!