Seine Majestät: Vulcano Sajama


Ort: Sajama, Bolivien
Zeit: 8.10.-10.10.2007
Aktivitaet: Drei Tage Trekkingtour
Inside: Ausführlicher Bericht und wenige Bilder



Der Assistent des Busfahrers gibt mir ein Zeichen. Wir sind da. Die anderen Gaeste schauen mich unglauebig an, als ich als einziger vom Bus aussteige. Vom La Paz - Arica Highway biegt eine Sandpiste ab, verlassene Huetten und verfallene Schilder zeigen die Kreuzung an. Das Bus faehrt weiter. Ich sehe mich um: vor mir liegen zwei Stunden Fussmarsch ueber die Piste ins Dorf, stehts im Angesicht des rechts neben mir leigenden schneegekroenten Vulkans Sajama, der mit 6542m hoechste Berg Boliviens. Ein in La Paz lebender Schweizer hat mir die Tour empfohlen. Die Tour bewegt sich zwischen 4200 und 5200m Hoehe und ist eine gute Vorbereitung vor meinem ersten 6000er. Er hat gesagt ich soll den Bus nehmen, hier aussteigen, zum Dorf laufen und dann der Route folgen, die er in eine Uebersichtskarte in meinen Reisefuehrer gemalt hat. Die Route hat dort einen Durchmesser von ca. 1,5cm und dauert drei Tage. Zugegeben, die mangelnde Detaildarstellung hat mich etwas zur Improvisation der Route gezwungen. Als ich ihn aber spaeter nochmals getroffen habe, meinte er ich haette wohl so ziemlich alles gefunden. Die Orientierung ist relativ einfach, es ist weitlaeufig und die Riesen Sajama, Parinacota (6342) und Pomerane (6282m) sind bereitwillige Orientierungshilfen. Wegen der Grenze zu Chile, den Schmugglern, den schieswilligen Grenzschuetzern und teilweise vermienten Gebieten ist die Ecke wohl nicht ganz ohne. Christian, der Schweizer hat mir einige Tips gegeben, dann habe ich noch mit den Einheimischen gesprochen und war mir ziemlich sicher dass es klar geht.


Jedenfalls mache ich mich auf den Weg. Ich ueberquere eine Bachfassung. Selbst gegen 11:00 ist immer noch Eis am Rand. Man hat mich schon vorgewarnt: Tagsueber ist ok, aber nachts wirds maechtig kalt - ohne Zweifel. Der Weg ist relativ langweilig. Trotzdem platze ich vor Enthusiasmus: So unglaublich schoene Berge um mich herum - traumhaft! Auf den weiten Ebenen dazwischen grassen ueberall von den Campesitos gehaltene Llamas, vor dem Sajama entdecke ich immer wieder wild lebende Vicunas. Ich komme an ein paar Haeusern vorbei und begruesse die einfach lebenden Bauern hier. Meist sind es zwei je maximal zehn Quadratmeter grosse Lehmhuetten: eine als Lager, eine zum wohen und ein Viehpferch. Das wars. Auf der ganzen Strecke kommt mir ein Jeep entgegen. Die Leuten gruessen freundlich und ueberlassen mich wieder der Einsamkeit. Schlieslich komme ich im Dorf Sajama an. Die Parkverwalterin faengt mich ab und verlangt drei Euro Parkeintritt. Dafuer beraet sie mich feundlich. Ich bekomme ein Tourifaltblatt mit ein paar einfachen Uebersichtskarten. Ordentliche Karten gibt es auch hier nicht. Nachdem ich mir den Ort angesehen habe, lasse ich mir den Weg zu den Geysieren deuten, der erste Wegpunkt auf dem Trek. Auf dem Jeeptrail dahin hat es sogar Schilder, die Orientierung ist somit einfach. Das Gehen ist allerdings dank 18kg Rucksack und tiefen Sand weniger ein Vergnuegen. Nach weiteren drei Stunden erreiche ich die sprudelnde heissen Quellen um etwa eine halbe Stunde ueberhalb mein Zelt aufzuschlagen. Es wohnen noch einheimische Bauern hier oben. Die letzte Stunde Sonnenschein nutze ich mir eine Suppe und Coca-Tee zuzubereiten. Kurz darauf ist die Sonne weg. Schlagartig wird es einige Grade kaelter, stuermischer Wind kommt auf und ich verziehe mich in den Schalfsack ins Zelt.

Erst nachdem die Morgensonne die Umgebung aufgewaermt hat traue ich mich aus dem Zelt. Ich fruehstuecke und packe zusammen. Gegen neun geht es wieder los. Die Tour macht von hier gesehen einen grossen Rechtsbogen. Ich versuche aus dem Tal steil zur Seite aufzusteigen um mir Orientierung zu verschaffen. Ein bruechiges und steiles Felsband verhindert ein durchkommen. Veraergert uerber eine Stunde verlorene Zeit folge ich dem Tal um schlieslich ueber einen deutlich sichtbaren Pass noch rechts oben auszusteigen. Oben macht die Hoehe und das Gewicht ein Vorankommen immens hart. Nach je zwanzig Schritten mache ich eine kleine Pause. Schlieslich bin ich oben und quere eine kurze Hochebene. Der Pass faellt sofort in ein weiteres Tal, zu meinen Fuessen liegt eine wunderschoene Laguna, ein Bergsee mit traumblauen Wasser. Eine Weile geniesse ich die Aussicht bevor ich mich an den Abstieg durch eine uebel steile Geroellhalde mache. Mir ist nicht ganz wohl dabei, aber ich komme wohlbehalten am See unten an. In den Felsen am Ufer tummeln sich Viscanchas, hasengrosse und mit den Chinchillas verwandte Nager. Es sind bestimmt zwanzig und sie lassen einen auf etwa zwei Meter heran kommen. Auch auf dem See hat es einige Voegel. Sonst ist hier niemand. Der Aussfluss des Sees ist in Richtung Chile. Durch die Scharte am Bachbett sind weiter unten zwei weitere Seen zu sehen. Ich erhole mich noch etwas bevor ich mein Wasser aufffuelle und weitergehe. Es ist bereits Nachmittag und der erkennbare Weg fuehrt ueber einen weiteren Pass. Dort oben entscheide ich mich fuer eine rechts verlaufende Wegvariente. Ich bin mir zunaechst unsicher, doch nach einer Weile erkenne ich einen weiteren Bergsee und weiss, dass ich richtig bin. Puenktlich um fuenf, mit einer verbleibenden Stunde Sonnenschein, komme ich erschoepft am See an. Der See liegt bei ca. 5000m oben in einem Tal das sich zum Sajama hin oeffnet. Ich schlage das Zelt am Rande des Sees auf, durch den Eingang des Zeltes habe ich Blick ueber den See auf den Sajama - wie traumhaft. Ich esse noch etwas und lege mich hin, lasse den Eingang des Zeltes bis eine Stunde nach Sonnenuntergang auf.

Auch der naechste Morgen ist wunderschoen. Den letzten Menschen habe ich vor eineinhalb Tagen gesehen. Die Morgensonne trocknet die nachtlich gebildeten Eiskristalle von meinem Zelt. Ich mache mich auf den Weg ins Tal. Es hat sich ein Bachbett gebildet und in Erwartung eines einigemassen einfachen Weges folge ich ihm. Dann bricht das Tal ueber eine Kante. Das Wasser hat sich seinen Weg durch die Felsen geschnitten und es wird eng und steil. Allerdings ist es gerade flach und breit genug, dass man neben dem Flussbett gehen kann. Der Bach ist mit Eis gesaemt. Es ist fast wie eine kleine Canyoning Tour und ich muss ein paar mal den Bach queren. Zwar ohne Seil und Neopren, dafuer aber mit 18kg Rucksack. Schliesslich erreiche ich eine flach auslaufende Talsohle. Auch hier ist niemand. Nach einer Stunde im weglosen, teils sandigen und teils moorigen Gelaende erreiche ich wieder die weite Sandebene vor dem Sajama. Ein staubiger Fahrweg fuehrt mich weiter hinaus in Richtung Sajama Dorf.

Als ich einige Huetten sehe freue ich mich schon auf einen weiteren vorab bekannten Wegpunkt: Thermalquellen! Als einziger Touri nehme ich ein richtig entspannendes Bad im fast koerperwarmen Wasser - immer mit Blick auf seine Majestaet Vulkan Sajama. Wie geil ist das denn nur. Dann heisst es aber wieder ab in die Klamotten, es stehen noch zwei Stundenn Fussmarsch zurueck ins Dorf an. Verzichtbar, aber auf einen Bus kann man evtl. den ganzen Tag lang warten. Auf einem Parkplatz finde ich eine Gruppe junger franzoesischer Touris vor. Ein Maedchen liegt der laenge nach in der Mitte. Sie fragen mich, ob ich mit dem Auto da waere. Das Maedel kann nicht mehr und braucht Hilfe. Ich muss sie enttauschen, verspreche aber ein Auto hier runter zu schicken. Entsprechend flotten Schrittes laufe ich zum Dorf zurueck. Zwar kann ich noch zwei Jeeps anhalten, die weigern sich aber. Schlieslich organisiere ich im Dorf auf zunaechst eigene Kosten einen Minibus. Wir finden die Franzoesin kurz vorm Dorf am Strassenrand liegend. Sie sind doch ein ganzes Stueck zu Fuss gegegangen, freuen sich trotzdem ueber den Transportservice. Der bei ihr befindliche Freund uebernimmt die Taxirechung und bedankt sich bei mir. De nada sage ich, nichts zu danken. Die Parkverwalterin organisiert mir noch eine Uebernachtung in einem Fremdenzimmer mit Klo auf dem Hof. Am Spaetnachmittag ist kein Wegkommen mehr. Um 6:30 dafuer aber mit dem Minivan vom Marktplatz. Ich trinke noch ein Bier, Abendessen lasse ich aus. Nach Sonnenuntergang ist es mir zu kalt aus dem Haus zu gehen. Selig von hartem Wandern und guten Taten schlafe ich ein…

 


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