Alpinkletterkurs

Ort: Drei Schuster Hütte (Sextner Dolomiten) und Cinque TorriZeit: 20.-24.09.2008
Aktivität: Alpinkletterkurs der SAN
Dabei: Carola, Annett, Alex, Jana, Beate
Inside: Bericht und Bilder


Mission Sua Lies, nie Lies, Dnats (oder SAN-Alpinkletterkurs für Anfänger)


So haben wir uns das nicht vorgestellt. Ja, im spätem September der Kälte daheim entfliehen und in T-Shirt und kurzer Hose in bella Italia am Fels abhängen, dieses Bild hatten wir alle vor Augen. Doch schon bevor es eigentlich losging wurden wir jäh aus unseren Träumen gerissen. Die Email Vorbesprechung von Alex in Kurzform: Es ist zu kalt in den Dolomiten: Absagen oder Durchziehen? Oder an den Gardasee oder ins Tessin ausweichen? In der Maildiskussion stellte sich ein eindeutiger Trend zum vermeintlich wärmsten Tessin heraus. Schließlich konnte sich Alex am Ende aber mit seinem basisdemokratischen Beschluss: „es ist warm genug in den Dolomiten, alles bleibt wie ursprünglich angekündigt“ durchsetzen. Das Wetterorakel versprach nun doch mildere Umstände.

So treffen wir uns schließlich Fr. Abend, den 19.09.2008,in Innichen um nach kurzer Fahrt schlussendlich des Nachts mit Hilfe der HiraBira noch auf die Drei-Schuster-Hütte aufzusteigen. Die Wirtsleut sind so nett und bereiten uns noch ein paar kleine Häppchen landestypischer Spezialitäten zu, auch nach Küchenschluss.

Wir haben Mühe die Nettigkeit in Form eine Unmenge lecker kalter Platte zu verdrücken. Doch wie beim ganzen dann noch folgenden Kurs lässt der Kursleiter uns nicht im Stich und hält uns mit einer gewissen Mehrarbeit schadfrei.



Samstag 20.09.2008:

Es ist kalt! Auch nach dem Frühstück noch. Wir haben es nicht eilig, allerdings sind wir ja schließlich zum Kurs hier und brechen irgendwann doch zum nahegelegen Klettergarten auf. Hilft ja alles nichts. Erst mal kommen wir noch ganz gut klar: Rucksack auf der Hütte packen, immer dem Wegweiser nach und am Ziel anhalten. Doch schon nach dem Auspacken des Rucksackinhaltes am Bestimmungsort kommen erste Fragen auf: Was sollen wir mit dem ganzen Krempel?

Alex ist so nett und klärt uns auf. Gesteckte Acht zum Einbinden, HMS zum sichern, kleine Materialkunde, Partnercheck und Einführung ins Klettern. Schließlich legt er uns zwei Topropes und wir dürfen an den Fels. Yippee, endlich, deswegen sind wir ja hier!

Die Freude nimmt mit einer leichten blauen Einfärbung der unbedarften Finger schnell wieder ab. Planet Sonne lässt sich noch Zeit, hat wohl besseres zu tun als bei uns vorbei zu schauen. Schließlich kommt sie aber doch ums Eck und erwärmt die Wand. Mittels einer Runde Ballettübungen am Felsband knapp über dem Boden (ich glaube der ordentliche Name dafür ist Trittschule) verschaffen wir uns zusätzliche Aufwärmung.

Zum Abschluss des Tages dürfen wir dann noch ins Vorsteigen einsteigen. Es ist zwar nicht mehr so kalt wie am Morgen, allerdings scheinen gerade die Bohrhaken Kältemagnete zu sein. Regelmäßig beim Klicken der Exen wird mein Körper von einem leichten Zittern durchzogen, die Nebenwirkung weiche Knie ist allerdings neu für mich. Muss eine alpine Erscheinungsform der Kälte sein. Es ist ein ausgefüllter Tag geworden, als wir uns auf die Hütte zurückziehen und ein zweites Mal übernachten.


Sonntag 21.09.2008:

Umsiedeln ist angesagt. Ade Drei Schuster Hütte, hallo Cinque Torri. Über Landstraße und ein kleines Seitensträßchen fahren wird direkt vor die Haustüre dieses hervorragenden Alpinklettergebietes. Kleine Missgeschickte eines Teilnehmers bringen etwas Abwechslung in den Kletteralltag. Wenn es einem innerhalb weniger Stunden gelingt a) auf der Hütte bei der Abreise vergessen zu zahlen und b) bei einem 30 minütigen Zustieg den Rest der Gruppe zu verlieren darf man getrost von einem angedrehten, gebrauchten Tag reden. Allerdings stellt dies nur eine kurze Verzögerung dar und wir können uns schnell wieder Abkühlung am Fels verschaffen. Wenn es nicht nur eh schon so kalt wäre...

Für heute steht das selbstständiges Klettern in der 2er Seilschaft durch Mehrseilrouten auf dem Stundenplan. Gegenseitiges sichern mit HMS, Überschlag oder auch nicht und Seilkommandos bilden die Theorieeinheit. Wir exerzieren das mehrfach im einfachen Gelände durch: Einbinden, Partnercheck, Vorstieg, Stand, Nachstieg, etc.. Um uns die Seilkommandos besser einzuschärfen deutet Alex auf Jana mit dem Kommando „Wie lauten die Seilkommandos?!!“. „Stand, Seil ein, Seil aus, Nachkommen, Ich komme“ purzelt es brav aus Ihr heraus. „Und jetzt rückwärts“. Alexs Arm bleibt mit dem Finger auf mich zeigend stehen. „ich komme, Nachkommen...“ stottere ich heraus. Alexs Arm schwenkt erneut: „weiter!“. „Sua Lies, nie Lies, Dnats“ kommt es aus Carolas Mund. Für einen Augenblick schauen wir uns völlig bedeppert an, als wir es kapieren bricht schallendes Gelächter aus.

Nach der Theorie kommt bekanntlich die Praxis. In drei unabhängigen 2er Seilschaften erobern wir den Torre Quatra Basse in drei selbstständig gekletterten Seillängen. Wir sind Helden! O.K. Alex hat uns schon immer wieder etwas helfen müssen und ist wahrscheinlich die dreifache Strecke geklettert.

Der Erbauer des Torre Quarta Bassa hatte wohl leider eine kaputte Wasserwaage. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Aussichtsplattform obendrauf so schräg geraten ist. Die Querung der geneigten Platte zur Abseilstelle auf der gegenüberliegenden Seite sorgt für eine Auffrischung des nur geringfügig zurückgegangenen Adrenalinpegels.

Es wird schon langsam Dunkel und vor allem immer kälter bis alle abgeseilt sind. Im Eiltempo verziehen wir uns zu den Autos und fahren zu unserem neuen Quartier namens Hühnerzuflucht, äh sorry, Rifugio Col Gallina. Wir sind unter uns und in netten 2er Zimmern untergebracht. Nix zu meckern, na ja etwas durchgelegene und quietschende Betten und Frühstückskaffee aus dem Automaten vielleicht doch. Dafür gabs aber kostenlose heiße Dusche.


Montag 22.09.2008:

Die fünf Türme begrüßen uns heute auch nicht viel freundlicher, zeigen uns erneut erst mal die kalte Schulter. Inzwischen sind wir aber hart im nehmen. Thema des Tages ist die Dreierseilschaft, fest eingebunden an einem einzigen Einfachseil. Sprich die beiden Nachsteiger haben fixe 4m Abstand zwischen sich und dürfen möglichst synchron nachklettern. Auch dürfen wir das Sicherungsgerät erstmals auspacken um die nachsteigenden Kletterer mit ATC/Reverso/ etc. an der Leine halten. Gelernt - gemacht geht es auch schon wieder an den Fels um das in der Praxis zu erproben.

Auch unsere zweite Klettertour schließen wir über eine Abseilpiste ab. Fortgeschrittene Helden! Aber was macht man denn nun eigentlich, wenn sich niemand gefunden hat, der freundlicherweise eine genehme Menge von Bohrhaken in die Route vor einem gedübelt hat? Ach ja richtig, selber Sicherungen legen. Da man auch das erst mal lernen muss, war schon wieder ein Stück Programm gesichert. Alex führt uns zu einer geeigneten Übungswand und nach erster Einweisung versuchen wir möglichst sinnvoll jede Menge Eisen und Plastik in den Fels zu Basteln. Gar nicht so einfach einen gegenversicherten Stand mit Reihenschaltung irgendwo in den Fels zu fummeln:

Für heute treten wir den Rückzug an. Alles einsammeln. Ab zum Essen und dann aufs Refugio. Es steht noch eine lange Theorieeinheit und eine bautechnische Abnahme des Treppengeländers des Refugios mittels Festigkeitsprüfung aus. Genug für heute.


Dienstag 23.09.2008:

Der Wirt war so freundlich den Schnee auf dem Weg zur Hütte wegzukehren. Bäh, schon wieder so kalt. Wenigstens scheint heute morgen etwas sie Sonne.

Wir fahren wieder zu unseren fünf Türmen. Wieso es Cinque Torri, also fünf Türme heisst, versteht eigentlich niemand so recht. In Wirklichkeit sind es deutlich mehr. Erneut steht die Dreierseilschaft auf dem Programm. Heute aber mit Halbseilen. Wir sprechen das Einbinden, Sichern und individuelle Nachsteigen durch. Am bekannten Torre Quarta Bassa gehen wir zur Praxis über, wieder mit neu eingeteilten, durchgemischten Seilschaften und Vorsteigern.

Als besonders Schmankerl hat der Alex heute einen anderen Ausstieg aus der Route vorgesehen. Wir queren deutlich unterhalb des Gipfels links raus und seilen durch eine Spalte zum Torre Quatra Alta hin ab. Die Spalte wird nach unten weiter und bildet somit eine Halle zwischen den beiden Türmen. Wie geil ist das denn! Eigentlich das Highlight des Kurses!

Es ist noch Zeit als wir alle wieder unten sind. Wir vertiefen unser erlerntes Wissen von Vortag durch das Vorsteigen einer komplett cleanen Route mit legen der Sicherungen. Carola und ich gehen noch die erste Seillänge des Torre Ingles. Gerade als wir abgeseilt sind bricht heftiger Schneeschauer herein. Es ist Schluss mit lustig. Erstens macht es überhaupt keinen Spass mehr, zweitens haben wir auf beiden Autos Sommerreifen drauf und müssen noch das steile Bergsträßchen runter. Fix packen wir zusammen und machen uns an den Abstieg.

Die Schneemengen reichen schon auf dem Runterweg für eine satte Schneeballschlacht. So richtig Stimmung kommt auf, als DJ Alex Weihnachtslieder aus dem MP3 Player seines Skodas zaubert und wir die Schneeballschlacht auf dem Parkplatz fortsetzen. So haben wir uns das nicht vorgestellt. Ja, irgendwie hat’s dann aber schon nen Heidenspaß gemacht! Nächstes mal nehmen wir halt noch Glühwein mit.



Mittwoch 24.09.2008

Es ist der letzte Tag des Kurses. Schade eigentlich. Es gäbe noch viel zu Lernen und vor allem täte eine ordentliche Portion Übung mit Trainerunterstützung gut. Noch dazu wird beim ersten Blick aus dem Fenster sofort klar, dass die Qinque Torri heute ausfallen. Es hat in der Nacht noch mehr geschneit, no way da hoch zu kommen. Beim Frühstück durchstöbert Alex die Führer nach einer Ausweichmöglichkeit. Schließlich findet er einen Klettergarten in der Nähe mit günstiger Exposition.

Tatsächlich ist auch hier alles gehörig verzuckert, doch die Wand liegt in der Sonne, welche sich heute weitaus weniger geniert als die letzten Tage. Kurz ist es sogar arm genug für das Klettern im T-Shirt.

Erst richtet Alex uns zwei Routen ein, an denen wir nochmals das Sichern mit Gerät vom Körper weg üben. Dann steigen wir selber noch einige Routen vor und auch nach. Abschließend klettern Beate und ich noch eine von Alex eingehängte und im Führer als 6er beschriebene Führe nach, sind uns allerdings einig, dass sie deutlich schwieriger bewertet ist, als sie tatsächlich ist. Carola und Jana tummeln sich derweil auf einer anderen Route.

Wir packen am frühen Nachmittag zusammen und verabschieden uns am Falzarego Pass. Annett ist schon vorher abgereist, Beate, Carola, Jana und Alex brechen Richtung München auf während ich noch ein paar Tage frierend in den Dolomiten bleibe.


Gallerie (Bei Großansicht Blättern mit Pfeitasten):






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