Piz Buin Hochtour

Ort: Piz Buin (Silvretta) von der Schweizer Seite (Guarda)
Zeit: 26. und 27.10.2008
Aktivität: Piz Buin (Hochtour PD)
Dabei: Franzi, Peter (Buck)
Inside: Bericht & Bildergalerie
Peter wollte unbedingt mal wieder ins Heidiland. Warum? Weis ich gar nicht so genau. Vielleicht einfach nur weil es so ein schöner Rasthof ist? Oder doch weil er seit Wochen ein Toilettli Voucherli in seinem Geldbeutel durch die Gegend trägt. Das ist wohl eher plausibel, der sparsame Schwabe und das tote Kapital. Jedenfalls hat er es geschafft die Franzi und mich zum mitkommen zu überreden. Tatsächlich kommen wir nach dem Überwinden der ersten Hürden von Zeit- und Treffpunktfindungsschwierigkeiten an einem schönen Sonntagnachmittag auf dem Heidilandrasthof an. Wir verkonsumieren das Voucherli und gehen vor der Fahrt noch mal aufs Klo. Welch Schabenstreich, jetzt haben wir Peters altes Voucherli zwar als Aktivkapital wieder eingesetzt, dafür aber drei neue Voucherli in der Hand. Es ist klar, wir müssen wiederkommen. Morgen. Dazwischen gehen wir dann halt etwas Bergsteigen.
Über etwas Landstraßen- und Passgegurke sind wir dann fast flux im malerischen Bergdorf Guarda. Wir bewundern die schönen Häuser und die schicken Touris um uns dann durch wunderschöne, von den nadelabstoßenden Lärchen curryfarben gefärbte Herbstlandschaft in Richtung Chamonna Tuoi davonzumachen. Franziska, die Hüttenwirtin, begrüßt uns. Wir sind die letzten Gäste des Jahres und haben die Hütte für uns. Am Sonntag sollst Du ruhen und so setzen wir die Schlemmertour mit Nusstörtli und einem fast ausschließlich aus Sahne in unterschiedlicher Form bestehendem drei Gänge Abendmal und einem gepflegten Bierchen fort.
Als wir dann aber am nächsten Morgen um viertel vor Sechs am Früstück sitzen ists aber Schluss mit lustig. Meine beiden Begleiter haben sich den Piz Buin für heute rausgekuckt. Nicht der fade nordseitige Normalweg sondern eine Route von Süden soll es sein. Auch schön, denke ich, erst mal. Wir folgen einer Skitourenroute. Doch wo man im Winter vielleicht eine schöne Spur ziehen kann begegnet man im Sommer leider einer weglosen, von Rinnen durchzogenen Geröllhalde. Macht nichts, denke ich. Macht zwar keinen so Spaß, Hochtouren bringen das halt aber mit sich. Meine Stimmung bessert sich, als wir die letzen Reste des Plan Rai Gletschers betreten. Super Straßenbelag, bockfester Harschdeckel, bombastisch. Im Heidentempo lassen wir die Plan da Medzi rechts liegen und queren in langezogenen Serpentinen den flachen La Cudera Gletscher hinauf. Das geht sogar so flux, dass wir an der Furca dal Cuntin, dem Übergang zum Ochsentaler Gletscher, vorbeischießen. Wir schlagen einen Haken zurück und überkraxeln das mistige, geröllige Felsjoch.
Auf dem nächsten Gletscher angekommen wartet eine weitere Aufgabe auf uns: eine mit ordentlich Firn angefüllte kurze Steilflanke am Einstieg zum Ochsentaler Gletscher. Doch auch die macht keine weiteren Schwierigkeiten. Also auf zur Buinlücke. Aber halt, was ist das? So ein Scheiß. Der Depp von Harschdeckelkonstrukteur den sie für den Ochsentaler Gletscher eingestellt haben hat den ganzen Krempel nur für 90 kg Bruchlast ausgelegt. Die Folge: meine beiden leichtfüßigen Seilpartner vorne schleichen drüber als wär nix, bei mir geht’s aber mit jeden dritten Tritt 30cm runter. Ich fluche, ringe mit meinem Energiehaushalt um Restreserven und schwöre mir einmal mehr ein paar Kilos abzunehmen. Mit Beharrlichkeit kommen wir dann aber an der Buinlücke an. Eine Österreichische Dreiseilschaft mit Hund hat gerade das Seil abgelegt und ist in die Westflanke des Buin Grand eingestiegen. Es sollten die einzigen anderen Bergsteiger für heute bleiben,welche wir zu sehen bekommen. Wir zögern. Das Wetter ändert sich langsam, es stehen immer mehr Wolken am Himmel. Schließlich beschließen wir es zu probieren und geben uns eine weitere Stunde bis zur Umkehr.
Schon bald in der Westflanke legen wir für heute erstmals die Steigeisen an. Der Buin ist an sich weitgehend aper, doch die Rinnen sind firn- und eisgefüllt. Als Felsschwierigkeiten einsetzen beschließt der Peter seine sauberen Klamotten nicht verkratzen zu wollen und kehrt uns den Rücken. Schlimm, das mit der Eitelkeit. Franzi und ich zögern erst, nachdem uns Peter aber sein o.k. gegeben hat macht sich Franzi wieder dran mit Ausdauer irgendwas zum Festhalten an dem Kaminchen zu finden. Die Beharrlichkeit zahlt sich aus und die folgenden ein zwei kritischen Stellen sind eher harmloser. Die letzten zehn Minuten zum Gipfel sind dann ein Spaziergang, zum ersten mal so was wie ein Weg. Oben angekommen lassen wir ein paar Jauchzer los und umarmen uns. Super, geschafft! Die prächtige Aussicht genießen wir nur kur. Es hat erneut noch mal deutlich abgekühlt und hier oben zieht es wie Hechtsuppe.
Langsam manövrieren wir uns durch die Kraxelpassagen und ausgesetzten Stellen wieder runter zum frierenden Peter. Das hat man eben von der Eitelkeit, bäh. Der durchgefrorene und mit dem sich immer weiter verschlechternden Wetter argumentierende Kerl schwatzt und die eigentlich wohlverdiente Snackpause ab. Trag ich halt meinen Tee und Topfenplunder (und auch den für die anderen, ätsch) wieder ins Tal, denke ich leicht bockig vor mich hin. Naja, hatte ja auch nicht so viel Kredit zu verspielen. Auf dem identischen Rückweg über den Ochsentaler Gletscher sorge ich wieder für ein ständig von hinten gut gespanntes Seil und gemütliches Tempo, zumindest für die zwei vorne nicht einsinkenden. Durch die niedrigen Temperaturen hat sich der Firn auf der Südseite ansonsten gut gehalten und da wir den Umweg diesmal auslassen kommen wir über die Aufstiegsroute schnell wieder zurück. Erst als wir von den drei Gletschern runter sind gibt es eine Müsliriegelpause. Doch nur kurz. Schließlich lockt die schöne Schutthalde von heute morgen als Abschlusshighlight. Ich fange schon an mich zu freuen, allerdings auf den Zeitpunkt wo ich durch den Dreck durch bin und auf der Hütte eine Suppe schlurfe. Wenig später sollte sich auch das Wahrheit werden. Außer ein paar leichte Niesler und Graupler haben wir nichts abbekommen, als wir an der Chamonna Tuoi ankommen. Nach kurzer Stärkung brechen wir zum Marsch durch die Dämmerung nach Guarda auf und lassen die nach uns für diese Saison schließende Hütte zurück.
Wir verstauen schnell unser Zeugs, schließlich wartet ja immer noch das eigentliche Ziel auf uns: das Heidiland! Flux das Pässchen rauf, wieder runter und ein paar Kilometer Landstraße raus und schon sind wir auch wieder da. Wir setzen heute mal einen bewussten Kontrapunkt zum SAN üblichen Bergsteigerernährungsprogramm und beweisen: mit einem leckeren Gemüseteller geht es auch! Wir stehen auf und laufen zum Ausgang. Ihr habts bestimmt schon errraten: diesmal haben wir die Toilette dann ausgelassen, noch mal hätten wir das Prozedure nicht überlebt...
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