Dhaulagiri Circuit - Teil 2 - 13
Tag 13 Trekking vom Hidden Valley (CHorten) nach Yak Kharka // Sa. 29.10.2011
Starthöhe: 5140m | Aufstieg: 500m | Abstieg: 1730m | höchster Punkt: 5260m | Camping: 3800m
Die ersten Worte in meinem Tagebuch wiederholen sich: “Kalte Nacht, unter -10, mit beiden Schlafsäcken gerade o.k.”. Kein Wunder, unser Campingplatz befindet sich auf 5150m, da sind die Temperaturen anders als an der Adria. Wie kalt es genau war wissen wir auch nicht, Matthias Thermometer geht bis -10°. Es war kälter. Mit einem -7° in einen 0° gestopften Schlafsack war es auszuhalten.
Unsere gesamte Mannschaft ist heute etwas träge, von der Kälte gelähmt sozusagen. Auch ich komme kaum in die Gänge, das schlechte Ei von gestern liegt mir immer noch schwer im Magen. Wundersam schön ist es in diesem einsamen Hochtal. Schön, kalt und lebensfeindlich. Zeit hier auch wieder runter zu kommen. Unser Tal liegt allerdings zwischen zwei Pässen, es gilt folglich erst den Dhampus Pass zu überwinden. Kurz geht es über Geröll, dann beginnen nicht mehr aufhörende Schneefelder.
Die Verhältnisse sind gut. Schönes Wetter herrscht, nur kurz unter dem Dhampus Pass wird es ungemütlich. Spin Drift pfeift uns um die Ohren. In meinem Leben habe ich schon viele Pässe überwunden – doch jedes mal wieder ist es ein besonderes Gefühl. Erst die Anstrengung, die Passhöhe hochquälen. Es ist die vertraute Umgebung der letzten Tage. Dann erreicht man die Passhöhe, mit jedem Schritt eröffnet sich ein bisschen mehr eine neue Welt. Oben dann die neue Umgebung und eine Gewissheit, die Gewissheit des Endes des Aufstiegs. So auch geht es uns am Dhampus Pass. Zu Türmen aufrichtete Steine, Gebetsfahnen und das Skelett eines Yak-Schädel markieren den zu Überwindenden Sattel. Zu unserer Linken liegt der Dhampus Peak, ein gerne mitgenommener 6000er. Zu unserer Rechten dann die geriffelte Nordwand des Tukuche. Ein hoher Sechstausender, die Wand ist einer der schönsten Anblicke meines Lebens. Fortan verliebe ich mich in dieses Bild.
Der Euphorie des geschafften Passes erfolgt die Ernüchterung des Abstieges. In der Mittagshitze geht es drei Stunden lang über nicht enden wollende Schneefelder hinunter. Immer neue Anblicke auf die Tukuche Nordwand trösten. Auch das Annapurna Massiv liegt nun direkt vor uns. Die Nilgiri Gruppe mit ihren Siebtausendern bildet ein beeindruckendes Bollwerk auf der gegenüberliegenden Talseite. Eigentlich eine perfekte Kulisse um beim Trekking die Blicke wandern und die Seele baumeln zu lassen. So viel zur Theroie. In der Praxis wird mein Wohlgefühl allerdings durch die mächtig nervöse Aura meines Trekkingguides deutlich geschmälert. Der Bub hat heute sein Abstandsradar zu mir auf maximal zwei Meter eingestellt. Keine Ahnung, was der so Angst um mich hat, im Grunde ist es wohl seine eigene Unsicherheit. Jedenfalls wird das mir langsam lästig, auf die meinige Gesten und Körpersprache aus dem ihm unbekannten Kulturkreis reagiert er nicht. Schließlich stoppe ich ihn und stelle ihn zur Rede. Unendlich genervt versuche ich trotzdem so diplomatisch wie möglich ihm vom persönlichen Freiheitsbedarf zu überzeugen. Erwartungsgemäß reagiert er mit einem „ich verstehe die Welt nicht mehr Blick“ und hält sich fortan von mir fern. „Oh, no problem Sir!“ Die Distanz die er mir gewährt sind genau die fünf Meter Mindestabstand nach meiner Forderung. Es lebe der Unterschied der Kulturen, aber auch ich habe inzwischen genug asiatische Weisheit in mir aufgesagt, um zu akzeptieren was ich nicht ändern kann. Auch wenn es mir schwer fällt. Der Gram in mir wird durch die faszinierende Natur gelindert.
Irgendwann finden die Schneefelder ein Ende, Weiden beginnen. Unsere Beine sind müde und der Tag wird lang. Mittagessen gab es heute keines. Wir wollten keines, der eigentliche Punkt ist aber das ausgegangene Kerosin. Kein Sprit, keine warme Mittagsmahlzeit. Endlich. Endlich finden unser Leute einen Platz auf dem sie das Lager aufschlagen. Wir laufen an Yaks vorbei, es sind die ersten lebenden ihrer Art die ich zu Gesicht bekomme. Schlechtes Wetter zieht am Abend herein, schnell essen wir das auf Holz gekochte Abendessen um uns in unser Zelt zurück zu ziehen. Eine stürmische Nacht folgt einem aufgewühlten Tag.
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